PERFORM: Herr Menges, Sie sind geborener Frankfurter und haben an der Goethe-Universität Betriebswirtschaftslehre studiert. Bevor Sie zur FRM GmbH gewechselt sind, haben Sie zehn Jahre lang das Investorenmarketing für das Europabüro des australischen Bundesstaates Victoria mit Sitz in Frankfurt geleitet. In dieser und Ihrer aktuellen Position sehen Sie viel von der Welt. Ausgangspunkt Ihres beruflichen Wirkens und Heimatbasis ist und bleibt Frankfurt und die Region. Was bedeuten Ihnen die Stadt und die Metropolregion?

Eric Menges: Sie bedeuten Internationalität und Lebensqualität. Spannende Städte und erholsame Natur auf kleinstem Raum. Vielfalt an Kulturen und Gastronomie. Ich liebe lokale Gerichte wie Handkäse mit Musik und exotische Speisen, die es hier in der Qualität gibt, wie ich sie aus dem Ausland kenne. Und plagt mich das Fernweh, bin ich in kurzer Zeit in der ganzen Welt – dank unserem Flughafen und der zentralen Lage. Von meiner Haustür brauche ich selten mehr als 20 Minuten bis zum Flughafen oder dem ICE-Bahnhof. Das ist im internationalen Vergleich rekordverdächtig, denn wir reden hier nicht von einem regionalen, sondern einem der wichtigsten Flughäfen der Welt.

PERFORM: Zum beruflichen Ausgleich sind Sie gern sportlich aktiv. Wenn Sie gerade nicht auf einem Surf- oder Snowboard stehen oder sich als Schlagzeuger den Kopf freitrommeln – welche Ort besuchen Sie in der Metropolregion besonders gern, wenn die Zeit es zulässt?

Eric Menges: Ich liebe Sport- und Musik-Events. Die gibt es in der ganzen Region in den unterschiedlichsten Größenordnungen. Ein Beispiel: Eingebettet zwischen der Frankfurt School of Finance und dem Hessischen Rundfunk liegt das Gelände des SC1880. Die Rugby-Spiele dort sind mitreißend und das Publikum ist unglaublich international und immer gut gelaunt. Das ist genau mein Ding.

PERFORM: Blicken wir auf die Anfänge der FRM GmbH zurück. Was war die Grundidee hinter der Entscheidung, die Drei-Länder-Region FrankfurtRheinMain als wirtschaftliche Einheit international zu vermarkten?

Eric Menges: Zu Beginn haben wir zunächst zwei der drei Landesteile der Region gemeinsam vermarktet: den südlichen Teil von Hessen und den nördlichen Teil von Bayern, den Bayerischen Untermain. Die Region Rheinhessen in Rheinland-Pfalz kam 2019 dazu. Die FRM GmbH wurde aus der Erkenntnis heraus gegründet, dass interkommunale und länderübergreifende Zusammenarbeit in bestimmten Bereichen absolut sinnvoll ist. An dieser Grundidee hat sich seither nichts geändert. Die Bündelung des internationalen Standortmarketings spart Ressourcen, vermeidet unnötige Doppelstrukturen und verbessert den Service für Investoren, die mit uns eine zentrale, kompetente Anlaufstelle haben.

Durch den Zusammenschluss ergibt sich auch ein wettbewerbsfähigeres Standortprofil. Bis 2005 war lediglich die Stadt Frankfurt regelmäßig im internationalen Standortmarketing tätig. Allerdings war das Angebot, das die Stadt ausländischen Investoren machen konnte, begrenzt. International ist Frankfurt bekannter als die Region. Sie wird oft als Millionenstadt eingeordnet, obwohl rund 780.000 Menschen in der Mainmetropole leben. Als einheitlicher Wirtschaftsraum vermarket profitiert die Region von der Bekanntheit Frankfurts. Frankfurt wiederum profitiert von der kritischen Masse von knapp 6 Millionen Einwohnern sowie der großen Branchenvielfalt, die es im Zusammenschluss mit der Region aufweisen kann. Dazu gehören der internationale Finanzplatz Frankfurt, IT, KI und Cybersicherheit, Automobilindustrie, Pharma und Life Science sowie Logistik. Hinzu kommt die exzellente und breite Bildungslandschaft mit Universitäten, (Fach-)Hochschulen und zahlreichen internationalen Schulen der Metropolregion. Das macht uns hoch attraktiv für Unternehmen.

PERFORM: Gestartet ist Ihre GmbH mit 22 Gesellschaftern, heute sind es 36 – darunter Städte, Landkreise und Wirtschaftskammern aus Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz. Die Stadt Frankfurt am Main ist mit 37,5 Prozent größte Anteilseignerin. Welche Hürden galt es zu überwinden, um eine gemeinsame Vermarktungsstrategie zu entwickeln?

Eric Menges: Der große Vorteil für unsere Gesellschafter ist, dass wir als neutraler Vermittler agieren und allen die gleichen Chancen eröffnen, sich auf eine Ansiedlung zu bewerben. Dass wir tatsächlich neutral vermitteln und für alle einen Mehrwert bieten, egal wohin es am Ende ein Unternehmen in die Region zieht – davon mussten wir sicherlich erst einmal alle überzeugen. Als mit Abstand größter Geldgeber und größte Stadt der Region profitiert Frankfurt natürlich stark von unserer Arbeit, das finde ich nur logisch. Doch alle anderen profitieren eben auch. Das zeigt auch die seit der Neuausrichtung der FRM GmbH im Jahr 2014 stetig steigende Anzahl von Gesellschaftern und Beitrittsgesuchen.

Unsere Gesellschafter haben erkannt, dass erfolgreiche Standortvermarktung unserer polyzentrischen Region nur gemeinsam und mit einer professionellen Herangehensweise funktioniert und echte Ergebnisse liefert. In unserem Aufsichtsrat treffen sich Vertreterinnen und Vertreter der gesamten Region, die sich mitunter so oft nicht begegnen. Zusammen entwickeln wir Ideen und Strategien. Das schafft ein gemeinsames Verständnis für die Region und stärkt die gemeinsame Identität. Unser Mantra lautet: #bettertogether

„Better together“ – das ist das Mantra der FrankfurtRheinMain GmbH, sagt Geschäftsführer Eric Menges und ergänzt: „Die erfolgreiche Standortvermarktung unserer polyzentrischen Region funktioniert nur gemeinsam und mit einer professionellen Herangehensweise.“ Fotonachweis: FrankfurtRheinMain GmbH

Eric Menges, Geschäftsführer der FrankfurtRheinMain GmbH © FrankfurtRheinMain GmbH

PERFORM: Sind Investoren in China, Australien oder Indien die gleichen Standortfaktoren wichtig oder müssen Sie je nach Zielmarkt Ihre Vermarktungsstrategie nuancieren?

Eric Menges: Unternehmen wollen hier erfolgreich Geschäfte machen, da spielt die Herkunft keine Rolle. Die ausländischen Firmen, die wir unterstützen, schätzen die Internationalität und Offenheit unserer Region sowie den Zugang zu gut ausgebildeten Fachkräften. Wichtig ist, das Anliegen und die Bedarfe jedes einzelnen Unternehmens zu verstehen. Fragen wie: Wo sind seine Kunden heute und vielleicht in der Zukunft? Wo findet es Talente und Kooperationspartner? Wie sieht seine bevorzugte Fläche, sein bevorzugtes Büro aus? Dabei haben wir die unterschiedlichen Geschäftskulturen der Länder, in denen wir aktiv sind, im Blick. Das ist eine der großen Stärken unserer diversen Teams. Ich kann mich voller Überzeugung vor Kunden in aller Welt stellen und sagen, dass wir der beste Standort für Unternehmen sind, die Kunden in ganz Deutschland und in ganz Europa im Blick haben – weil das Fakt ist.

PERFORM: Wie haben sich die Anforderungen von Investoren in den vergangenen 20 Jahren verändert und wie reagieren Sie und Ihr Team darauf?

Eric Menges: Die Anforderungen sind deutlich komplexer geworden. Eine gute Lage allein reicht nicht mehr. Wir werden gefragt, wie es mit Zugang zu Talenten ausschaut, wie viele internationale Schulen es mit welchen Abschlüssen hier gibt. Auch die Lebensqualität spielt eine große Rolle und die Frage, ob die Familien ausländischer Fach- und Führungskräfte hier gut und sicher leben können. Unternehmen wünschen sich die Einbindung in und den Kontakt zu Branchennetzwerken. Häufig werden wir auch nach Subventionen gefragt. Zusammenfassend kann man feststellen, dass der Fragenkatalog der internationalen Unternehmen deutlich umfangreicher geworden ist.

PERFORM: Welchen Vorteil hat die bundesländerübergreifende Zusammenarbeit in der Standortvermarktung für ausländische Unternehmen, die sich in FrankfurtRheinMain ansiedeln möchten?

Eric Menges: Ein Investor interessiert sich nicht für kommunale oder Ländergrenzen. Er schaut danach, wo die Bedingungen für sein Unternehmen am besten passen. Daher ist eine „One stop agency“, die ihn bei der Suche nach dem für ihn geeigneten Standort in der gesamten Region unterstützt, die optimale Anlaufstelle. Wir sind in der Region bestens vernetzt, koordinieren auf Investorenwunsch die Immobiliensuche, stellen Kontakte zu Branchennetzwerken, internationalen Schulen oder Universitäten her, moderieren bei Themen mit Behörden und unterstützen so Investor und Kommune.

PERFORM: Von allen Unternehmen und Organisationen, die sich mit Ihrer Hilfe in FrankfurtRheinMain angesiedelt haben – welcher Erfolg ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Eric Menges: Ein großer Erfolg für die Metropolregion war es, dass sich Frankfurt als Standort für die AMLA (Anti-Money Laundering Authority) gegen eine Vielzahl von europäischen Hauptstädten wie Paris, Madrid oder Brüssel durchsetzen konnte. Und das, obwohl Frankfurt nicht einmal eine Landeshauptstadt ist. Für Frankfurt bietet die AMLA das Potenzial, die Stadt noch deutlicher als den wichtigsten Finanzplatz in der EU zu etablieren und im Zusammenhang mit der Region als Technologie- und Ausbildungsstandort zu wachsen. Die abschließende Bewerbungspräsentation in Brüssel im direkten Wettbewerb mit den anderen europäischen Standorten – übrigens im Schulterschluss zwischen dem Bund, dem Land Hessen und der Stadt Frankfurt – war schon sehr aufregend. Besonders in Erinnerung geblieben ist der CEO eines riesigen Unternehmens, der auf der Durchreise von den USA nach Asien war und nur am Ostersonntag bei einem Zwischenstopp in Frankfurt ein paar Stunden Zeit für Besichtigungen hatte. Wir haben ihn dann am Flughafen abgeholt, den ganzen Tag rundum betreut und das Projekt für die Region gewonnen.

PERFORM: Ob sich Unternehmen in FrankfurtRheinMain ansiedeln, hängt nicht nur von einer guten Vermarktung, sondern auch von den Rahmenbedingungen vor Ort ab, darunter die Verfügbarkeit von Flächen. Die ist in dichtbesiedelten Gebieten ein knappes Gut. Wie gut können Sie Anfragen zur Gewerbeansiedlung heute bedienen?

Eric Menges: Große Flächenanfragen ab ca. 5 Hektar können wir in der Region nur noch sehr selten bedienen. Anfragen ab 100 Hektar, die es in der Vergangenheit auch schon gab, müssen wir ablehnen. Grundsätzlich würden wir uns bei Flächenanfragen im Hektarbereich eine breitere Angebotspalette wünschen, die derzeit nicht gegeben ist. Selbst eine oder zwei Flächen reichen manchmal nicht aus. Ein Unternehmen möchte zumindest eine kleine Auswahlmöglichkeit haben. Daher sind wir froh um jede zusätzlich ausgewiesene Fläche, die uns zur Vermarktung angeboten wird. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass auch Unternehmen, die keine Fläche, sondern „nur“ ein Büro benötigen, einen wichtigen Beitrag zu unserer Prosperität liefern können.

PERFORM: Gibt es darüber hinaus Herausforderungen, die die Ansiedlung von ausländischen Unternehmen in der Rhein-Main-Region künftig deutlich erschweren könnten, wenn nicht entsprechend gegengesteuert wird?

Eric Menges:  Neben Flächen ist und bleibt die Verfügbarkeit von hervorragend ausgebildeten Fachkräften ein Thema. Die Lebensunterhaltungskosten und die Steuerlast für eben diese Arbeitskräfte müssen wir im Auge haben. Auch sollten wir die Behördengänge von ausländischen Führungskräften effizienter gestalten, hier gibt es aber erste Fortschritte. Wir würden uns auch wünschen, dass sich Englisch im öffentlichen Raum bei Beschriftungen und Ansagen häufiger wiederfindet. Wir sollten zudem erkennen, dass einige unsere Wettbewerber durchaus attraktive steuerliche Sonderkonditionen oder Anreize für Neuansiedlungen und ausländische Führungskräfte bieten – ebenso Subventionen, die es in FrankfurtRheinMain nicht gibt. Man kann das kritisch sehen, aber immer wieder aus diesen Gründen den Kürzeren zu ziehen, ist keine Lösung. Grundsätzlich werbe ich immer dafür, Ansiedlungen als etwas Positives zu erkennen. Wir brauchen neue Impulse und zusätzliche Wirtschaftskraft, um unseren Wohlstand zu erhalten.

Weitere allgemeine Herausforderungen bringt die Reputation und die Zukunftsfähigkeit des Wirtschafts- und Industriestandortes Deutschland im internationalen Standortwettbewerb mit sich. Der Abbau von Bürokratie ist extrem wichtig. Ebenso, darauf werden wir im Ausland immer wieder angesprochen, eine zuverlässige Energiepolitik mit langfristig kalkulierbaren Preisen und Verfügbarkeiten.

PERFORM: Was wünschen Sie sich für die kommenden 20 Jahre für den Wirtschaftsstandort FrankfurtRheinMain und für die FRM GmbH?

Eric Menges: Ich wünsche mir vor allem ein weiterhin friedliches Zusammenleben aller bei uns vertretenen Kulturen. In Bezug auf den Standort wünsche ich mir, dass der Finanzplatz weiter wächst, unsere Region jedoch auch noch mehr für ihre weiteren Qualitäten außerhalb der Finanzwelt wahrgenommen wird. Für die FrankfurtRheinMain GmbH wünsche ich mir, dass weiterhin so viele von unserer Arbeit begeisterte und passionierte, hoch motivierte Menschen den Weg in unser FRM-Team finden. Und natürlich noch viele Ansiedlungen, die wir gemeinsam für die Region feiern können.

Das Interview führte Veronika Heibing.